Bauteilschonende und anpassungsfähige Demontage

E-Mail:  bluemel@match.uni-hannover.de
Team:  Richard Blümel
Jahr:  2018
Förderung:  DFG
Ist abgeschlossen:  ja

Motivation und Zielsetzung

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Neufertigung und der Regeneration komplexer Investitionsgüter ist die Demontage. Um keine zusätzlichen Schädigungen an den Bauteilen zu verursachen, die zu einem höheren Reparaturaufwand oder schlimmstenfalls zum Ausschuss führen, muss die Demontage möglichst bauteilschonend erfolgen. Durch einen anpassungsfähigen Demontageprozess soll eine maximale Bauteilschonung, trotz eines unbekannten Produktzustands, erreicht werden. Im Gegensatz zur Montage, in der Fügetoleranzen bekannt und damit Fügekräfte abschätzbar sind, ist in der Demontage die Eingrenzung der erforderlichen Zerlegungskräfte aufgrund der Produktbeanspruchungen im Betrieb, wie thermische oder mechanische Belastungen, nicht möglich. Gerade die im Forschungsprojekt betrachtete Hochdruckturbine wird im Betrieb sehr stark beansprucht, sodass nach dem Betrieb die Verbindung der Turbinenschaufeln in der Turbinenscheibe in einem unbekannten hohen Maß verfestigt ist. Für die Demontageplanung bedeuten unbekannte Demontagekräfte, dass Demontagezeiten und Dimensionierung der Werkzeuge nur grob abgeschätzt werden können und erst im Prozess bestimmt werden oder gar undefiniert bleiben. Das Ziel des Teilprojektes ist es daher, durch einen anpassungsfähigen Demontageprozess bei einem unbekannten Produktzustand eine maximale Bauteilschonung zu erreichen.

Gewonnene Erkenntnisse und Ausblick

Auf Basis von experimentellen und numerischen Untersuchungen wird eine Methode zur Bestimmung der Demontagekräfte entwickelt. Aus dieser können Demontageplanungsparameter wie Werkzeugkräfte oder Demontagedauer abgeleitet werden. In einem lernenden Prozess werden Demontagekräfte und -verläufe erfasst und den Produkteigenschaften wie Betriebsstunden, Geometrieeigenschaften und betriebsbedingten Belastungen zugeordnet. Zusätzlich werden auf Grundlage einer mechanischen Modellierung der Montageverbindung die Prozessparameter der Demontage von geometrischen Parametern und Konstruktionseigenschaften entkoppelt. Damit wird es möglich, Demontageplanungsparameter von einem bereits bekannten Schaufeltyp auf weitere Produktvarianten zu übertragen, um eine flexible und effiziente Demontageplanung zu ermöglichen.

Als Demontageverfahren werden mittels eines Piezostapelaktors gezielte Stöße auf die verfestigten Fügepartner erzeugt und die Fügeverbindung gelöst. Damit kann aus dem bislang unkontrollierten manuellen Herausschlagen mithilfe eines Hammers ein automatisiertes und damit reproduzierbares Demontageverfahren umgesetzt werden. Die Stoßamplituden und Stoßfrequenzen als Stellgrößen werden dabei aus der Demontageplanung als Vorsteuerung implementiert. Zur Überwachung der Bauteilschonung werden die Turbinenschaufeln anschließend untersucht, um so den Einfluss der Demontageparameter, wie Kraft und Geschwindigkeit des Demontagewerkzeugs oder Frequenz und Amplitude der Mikrostöße, auf das Material zu evaluieren.

Demontageversuche am Demontageprüfstand
Evaluierung der Bauteilschonung

Mit der konzeptionellen Umsetzung eines Demontagearbeitsplatzes, einschließlich sekundärer Prozesse wie der Handhabung, wird ein gesamter Demontageprozess abgebildet. Dieses Konzept wurde als die Prozesszelle „Bauteilschonende Demontage“ in den Systemdemonstrator des SFB 871 bereits integriert.